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Ivan Kupala - die Nacht, in der die Natur spricht

Ivan Kupala - die Nacht, in der die Natur spricht

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Ivan Kupala - die Nacht, in der die Natur spricht


Dies ist nicht nur ein Feiertag - es ist ein mystischer Raum zwischen den Welten, wo Gras flüstert, Wasser heilt und Feuer reinigt. Ivan Kupala ist eine der tiefsten und
poetischen Traditionen der ukrainischen Kultur, die von der vorchristlichen Zeit bis heute überliefert wurde.

Die Fotos für diese Publikation wurden freundlicherweise vom Iwan-Hontschar-Museum zur Verfügung gestellt, das die diesjährige Feier mit Ritualen in Vytachiv bei Kiew organisiert hat.*

Ivan Honchar Museum / Foto: Yuliia Ivakina

Wenn die Sonne "spielt" - Der Moment der Macht


Der Feiertag wird traditionell um den 21. und 22. Juni gefeiert, zur Zeit der Sommersonnenwende - dem sonnigsten Tag und der kürzesten Nacht des Jahres. Die Menschen glaubten, dass die Sonne zu diesem Zeitpunkt eine besonders starke Energie ausstrahlt - die Lebenskraft der Natur. Dieser Moment galt als Zeit der Einheit zwischen Mensch und Natur und als besondere Kraft aller Lebewesen.
In einigen Regionen, vor allem in Polissia, nahmen die Iwan-Kupala-Feiern theatralische Formen an: Man stellte einen symbolischen Kupala-Baum auf, schmückte ihn und veranstaltete Reigentänze mit Liedern, die Fruchtbarkeit und den Kreislauf des Lebens symbolisierten.

Wasser - Waschen und Wahrsagen


Das Ritual des Waschens mit Tau wurde in der Morgendämmerung praktiziert, als die Mädchen auf die Felder gingen und ihr Gesicht mit "Iwans Tau" wuschen, weil sie glaubten, dass dieser heilende Eigenschaften für
Schönheit und Gesundheit hatte. Ein weiteres wichtiges Ritual war das Schwimmenlassen von Kränzen auf dem Wasser. Die Mädchen flochten Kränze aus Feldkräutern (Minze, Thymian, Johanniskraut, Wermut), schmückten sie mit Kerzen und ließen sie auf Flüssen oder Seen schwimmen. Man glaubte, dass man sein Schicksal an der Bewegung des Kranzes ablesen konnte:


- Wenn sie gerade schwimmt - erwartet sie ein glückliches Leben;
- Wenn sie sich dreht - kommt die Liebe, aber nicht bald;
- Wenn sie sinkt - wird im nächsten Jahr keine Ehe erwartet.


Mancherorts fingen die Jungen die Kränze - dies symbolisierte das "Fangen des Schicksals" und die Zuneigung zu dem Mädchen. Die Kränze konnten besonders geschmückt werden, damit die Jungen sie erkennen konnten. In bestimmten Traditionen einigten sich Jungen und Mädchen darauf, wessen Kränze sie als Teil der rituellen Brautwerbung fangen sollten.

Typ© Ivan Honchar Museum / Foto: Yuliia Ivakina

Feuer - Reinigung und Vereinigung


Das Springen über das Feuer war das zentrale Ritual der Feiern in der gesamten Ukraine. Auf Hügeln oder in der Nähe von Gewässern wurden große Lagerfeuer entzündet. Normalerweise wurden diese aus trockenem Reisig, Schilf oder manchmal auch Stroh gemacht. Die Höhe des Feuers konnte 2-3 Meter erreichen. Manchmal wurde das Feuer angezündet, indem ein brennendes Rad den Hügel hinuntergerollt wurde - ein Symbol für die Bewegung der Sonne. Die jungen Leute sprangen einzeln oder zu zweit. Ein Sprung zu zweit symbolisierte die Prüfung der Gefühle - wenn sich die Hände nicht trennten, galt das Paar als glücklich. Einzelsprünge dienten der Reinigung von Problemen und Krankheiten. Das Feuer galt als Kraft, die alte Beschwerden und Krankheiten verbrennt und den Menschen erneuert.
In einigen Regionen gab es den Brauch, Strohräder oder Kupala-Puppen zu verbrennen, um symbolisch einen Zyklus zu beenden und einen neuen vorzubereiten.

Kräuter und Tränke - Die Magie der Natur


In der Nacht des Ivan Kupala wurden die wertvollsten Heil- und Ritualkräuter gesammelt: Thymian, Bohnenkraut, Johanniskraut, Wermut, Kornblumen und Minze. Man glaubte,
dass ihre Kraft in dieser Nacht am stärksten war - sie schützten, heilten und brachten Gutes. Gottesmutterkraut diente als Talisman und wurde in der Nähe von Ikonen aufbewahrt. Klette und Bärlapp wurden zum Flechten von Kränzen und Schärpen verwendet - Symbole des Schutzes.

Ivan Honchar Museum / Foto: Yuliia Ivakina

Die Farnlegende - Das geheimnisvolle Symbol der Kupalanacht

Einerder mystischsten und rätselhaftesten Teile des Ivan-Kupala-Festes ist die Legende der Farnblume. Dem Volksglauben zufolge blüht der Farn
nur in der Kupala-Nacht mit einer magischen Blume, die zu anderen Zeiten selten und unsichtbar ist. Wem es gelingt, diese Blume zu finden, dem wird großes Glück, Reichtum und das Wissen um alle Geheimnisse der Welt zuteil.
In einem klassischen Volksbericht aus Folk Tales (1846) von Marko Vovchok wird der Glaube wie folgt wiedergegeben:


"Wer ihn fängt, wer ihn pflückt, wird alles auf der Welt wissen, wird
selbst verzauberte Schlösser ohne Schlüssel öffnen, wird leicht an alle Schätze gelangen... "**


Die Legende hat eine tiefe metaphorische Bedeutung - sie steht nicht nur für die Suche nach materiellen Schätzen, sondern auch für die Suche nach innerer Wahrheit, Inspiration und Stärke. Der Weg dorthin ist jedoch nicht einfach: Es heißt, dass böse Geister die Blume bewachen und den Menschen mit Angst, Visionen und Geräuschen prüfen.

Ivan Honchar Museum / Foto: Yuliia Ivakina

Ivan Kupala heute


Heute wird der Feiertag in Dörfern und Städten in der ganzen Ukraine wiederbelebt. Die Traditionen des Singens, Tanzens, Kranzflechtens, Springens über Feuer und Kräutersammelns werden
wiederbelebt. Es handelt sich dabei nicht nur um eine kulturelle Renaissance, sondern auch um eine spirituelle Suche des modernen Menschen nach Verbundenheit mit der Natur, Reinigung und Erneuerung. Die Feste behalten ihre tiefe Symbolik, erhalten aber eine neue Bedeutung - vor allem vor dem Hintergrund der schwierigen Ereignisse im Land, wo Kupala zu einem Symbol der Einheit, Hoffnung und Stärke wird.

* Kupala in Vytachiv ist eine Wiederbelebung alter Kupala-Traditionen - eine gemeinsame Initiative des Nationalen Zentrums für Volkskultur Iwan Honchar und der Bäckerei Vytach, die das kulturelle Erbe bewahren und die ukrainischen Streitkräfte unterstützen soll.

**Zitat aus der Farnblumenlegende - aus dem Werk: Volksmärchen (Marko Vovchok, 1846)

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Ukranische Traditionen